Wie kann Europa seine Industrie vor China schützen?

Im Jahr 2019 wurde China zum weltweit größten Patentlieferanten und überholte damit die USA und Japan. Die strategischen Initiativen der chinesischen Regierung wie "Made in China 2025" oder der Entwicklungsplan für künstliche Intelligenz bis 2030 zeigen das kontinuierliche Engagement Chinas für Innovation und technologisches Wachstum. Darüber hinaus wird die Neue Seidenstraße, die China durch ein ausgedehntes Netz von Straßen-, Schienen- und Seekorridoren mit Zentralasien wirtschaftlich mit Europa verbinden soll, die Exporte des Landes ankurbeln und ihm helfen, neue Märkte zu finden.

Chinas Bedrohung für die EU

Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs sieht sich Europa mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Kurzfristig setzen sinkende Preise für chinesische Industrieerzeugnisse, die durch industrielle Überkapazitäten und massive Investitionen bedingt sind, die europäischen Unternehmen unter Druck. Vor allem der Solarenergiesektor benötigt Sofortmaßnahmen, um die Einfuhr von unterpreisigen chinesischen Paneelen zu bekämpfen. Der marktorientierte Charakter der chinesischen Industrie könnte somit den Marktanteil europäischer Produkte verringern, insbesondere in den Schlüsselsektoren erneuerbare Energien und Elektrofahrzeuge, KI und Biotechnologie. Angesichts dieser Bedrohung hat Europa nicht gezögert, eine Untersuchung der chinesischen Exportsubventionen für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEVs) im Jahr 2023 einzuleiten. Laut dem chinesischen Außenministerium sind solche Maßnahmen "rein protektionistisch".

Nachhaltige EU-Industrie

Um seine Industrie zu schützen und weiterzuentwickeln, will Europa stark in Forschung, Innovation und die Entwicklung von Spitzentechnologien investieren. Zu diesem Zweck haben der Europäische Rat und das Europäische Parlament kürzlich eine vorläufige Einigung über eine Verordnung für eine "Null-Industrie" erzielt. Mit dieser Verordnung sollen Anreize für die Produktion von kohlenstoffarmen Technologien in Europa geschaffen werden, die zur Erreichung der Klimaziele der EU erforderlich sind. Ziel ist es, bis 2030 40% des Bedarfs der Union an in ihrem Hoheitsgebiet hergestellten Technologien zu decken. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht die Verordnung einen vereinfachten Rechtsrahmen vor und soll Investoren flexible und sichere Bedingungen bieten. Projekte, die als Projekte mit dem höchsten Dekarbonisierungspotenzial anerkannt sind, erhalten beschleunigte Verfahren für die Erteilung von Bau- oder Erweiterungsgenehmigungen.

Neues wirtschaftliches

Neues wirtschaftliches Sicherheitspaket

Ende Januar 2024 verabschiedete die Europäische Kommission außerdem ein Paket zur wirtschaftlichen Sicherheit, das im Einklang mit der im Juni 2023 vorgestellten Europäischen Strategie für wirtschaftliche Sicherheit steht. Obwohl das Paket als zu vage kritisiert wurde, löste es in China eine heftige Reaktion aus. Der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, forderte Europa auf, keine "Antiglobalisierungsmaßnahmen" zu ergreifen. Dafür gibt es gute Gründe: Das Paket soll ausländische Investitionen in sensible Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz, fortschrittliche Halbleiter, die Quantenindustrie und Biotechnologie filtern. Das Paket ist auch dazu gedacht, potenzielle Sicherheitsrisiken im Zusammenhang mit Investitionen, die die EU verlassen, besser zu erkennen.

Vor dem Hintergrund verschärfter geopolitischer Spannungen beabsichtigt die EU außerdem, die Ausfuhrkontrollen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck - zivile und militärische - zu verbessern. Die Gesetzgebung fordert den Europäischen Rat außerdem auf, spezifische Maßnahmen zur "Stärkung der Forschungssicherheit" in der gesamten Union zu empfehlen. Während China seine Partnerschaften intensiviert, will Europa auch die internationale Zusammenarbeit, strategische Partnerschaften und internationale Handelsabkommen mit so vielen Ländern wie möglich stärken.

Schließlich arbeitet Europa an einer Verordnung, die Produkte aus Zwangsarbeit vom EU-Markt verbannen würde. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind etwa 27,6 Millionen Menschen gezwungen, gegen ihren Willen zu arbeiten, davon 15,1 Millionen in der asiatisch-pazifischen Region. Der Rat nahm seinen Standpunkt am 24. Januar an. Die Abgeordneten hoffen, dass eine Verordnung über Produkte, die mit Hilfe von Zwangsarbeit hergestellt wurden, noch vor den Europawahlen im Juni verabschiedet wird.

Abhängigkeit von der EU

John Seaman, Experte für die Geopolitik der Energieressourcen am Französischen Institut für Internationale Beziehungen (IFRI), weist auf die Besonderheiten des aktuellen geopolitischen Kontextes in Europa hin. Er stellt fest, dass die Abhängigkeit der Region von anderen Ländern und deren Ressourcen immer deutlicher wird, da sich die EU auf große strukturelle Veränderungen zubewegt, einschließlich des Übergangs zu einer nachhaltigen Entwicklung und grünen Technologien. Das Problem besteht darin, dass diese Länder diese Abhängigkeit nutzen können, um die EU vor dem Hintergrund globaler Probleme und Konflikte unter Druck zu setzen.

Europa ist in hohem Maße von anderen Ländern abhängig, wenn es um Rohstoffe geht, die für die Herstellung einer Reihe von marktkritischen Gütern benötigt werden: Telefone, Elektroautos und Halbleiter. So liefert China beispielsweise 100% der schweren Seltenerdmetalle, die Türkei 98% des Bors und Südafrika 71% des Platins. Die laufenden Umwälzungen, insbesondere beim Übergang zu Elektrofahrzeugen, Solarenergie und erneuerbaren Energien, haben die Abhängigkeit Europas von einer Quelle besonders deutlich gemacht: China.

Die Europäische Union wird sich in Zukunft einem noch schärferen Wettbewerb mit China stellen müssen, was die Entwicklung neuer Strategien und Konzepte erfordert. Trotz der Besorgnis über den wachsenden Einfluss Chinas auf die europäische Industrie kann man sagen, dass der Anteil des chinesischen Kapitals in den fortgeschrittenen Industrien nur zunimmt. Darüber hinaus stellt Chinas Expansion in unterentwickelte Regionen der Welt wie Afrika und Lateinamerika, die auch die wirtschaftlichen Interessen der Vereinigten Staaten und Europas bedroht, eine weitere Herausforderung für Europa dar.

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